"Ich muß irgendwo engagiert sein - fragen Sie mich bloß nicht, warum.": Überlegungen zu Sozialisationserfahrungen von Mädchen in NS-Organisationen
In: "Wir kriegen jetzt andere Zeiten": auf der Suche nach der Erfahrung des Volkes in nachfaschistischen Ländern, S. 256-304
Wie wirkten sich die Sozialisationserfahrungen von Frauen in den nationalsozialistischen Jugendorganisationen langfristig aus? Hinter dieser Fragestellung entdeckt die Verfasserin des Beitrags eine Grundstruktur der Erfahrungsverarbeitung bei den betroffenen Frauen, die sie die "Vermischung des Gegensätzlichen" nennt. Positive, emanzipatorische Elemente - wie die relative Unabhängigkeit, die Übernahme sozialer Verantwortung, die Bildungsmöglichkeit - werden in der Erfahrung der Frauen vermischt mit einer emotionalen Bindung an die Politik, die Unterwerfung und Einsatzbereitschaft vom "deutschen Mädel" forderte. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die "soziale Rationalität" des im Nationalsozialismus Erlernten vom diskreditierten Kontext abgelöst und für gesellschaftlichen Wiederaufbau und familiäre Reorganisation in der Bundesrepublik nutzbar gemacht. (KF)